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Icon: RHK: Telemedizinische Anwendung

Telemedizinische AnwendungenMit telemedizinischen Anwendungen Informationen austauschen und wertvolle Zeit gewinnen

Wir sehen telemedizinische Anwendungen als einen der Eckpfeiler von innovativen, zukunftsweisenden und patientenzentrierten Konzepten zur Gesundheitsversorgung. Sie vereinfachen und beschleunigen den Behandlungsprozess der Patienten. Der Einsatz digitaler Anwendungen stärkt die klinikübergreifende Zusammenarbeit der RHÖN-KLINIKUM AG. Dies ermöglicht uns, Versorgungslücken – nicht nur in ländlichen Regionen – zu schließen.

Foto: RHK: Telenotarzt
Foto: RHK: Telenotarzt Pad Ansicht

Telenotarzt

In Mittelhessen sind seit März 2020 zwölf Rettungswägen mit Telemetrie ausgerüstet, und über hundert Notfallsanitäter sind mit Blick auf diese neue Technik geschult, mit der Notärzte gezielter eingesetzt werden können.

Denn mit Telemetrie können EKG und Vitalwerte von Patienten live an einen erfahrenen Notarzt übermittelt werden.

Das Universitätsklinikum Gießen und Marburg (UKGM) ist maßgeblich in das Projekt involviert und Mitglied der „Managementgruppe Telemedizin“.

Foto: RHK: Dr. Dennis Humburg
»Mit Telemedizin lassen sich Engpässe in der Notfallversorgung überwinden.«

Interview

Dr. Dennis Humburg

Notfallmediziner am Universitätsklinikum Gießen und Marburg, Standort Marburg

Herr Dr. Humburg, warum sind Rettungseinsätze mit Telenotärzten notwendig?

Weil die Einsätze des Rettungsdiensts dramatisch zunehmen. Das hat mit der Demografie zu tun und mit einer immer niedrigeren Hemmschwelle, den Notruf zu wählen. Das Problem dabei: Mehr Notärzte sind schlicht nicht vorhanden. Vor allem in ländlichen Gebieten, wo der Weg des Notarztes zum Einsatzort oft lang ist, spitzt sich die Lage immer weiter zu. Wenn es ohne Gegenmaßnahmen so weiter geht, wird es eng. Ich bin überzeugt, dass die Telemetrie hier eine deutliche Entspannung bringen kann.

Bei welchen Notrufen kann ein Telenotarzt eingesetzt werden?

Wir schätzen, dass etwa die Hälfte der Notarzteinsätze bei akutem Koronarsyndrom, also Brustschmerz, nicht notwendig ist. Mindestens 80 Prozent der vor Ort notwendigen Maßnahmen können prinzipiell auch von Notfallsanitätern getroffen werden. Schließlich haben wir heute hervorragend ausgebildetes Personal auf den Rettungswägen. Wenn wir das mit den telemedizinischen Möglichkeiten kombinieren, dann können wir Engpässe überwinden und im Gegenzug die Kompetenzen der Notfallsanitäter in der Praxis weiter erhöhen.

Wie werden die Vorschläge der „Managementgruppe Telemedizin“ angenommen?

Die Evaluation des Projektes in Mittelhessen läuft. In der Bewertung durch Telenotärzte und Notfallsanitäter haben wir als Projektgruppe überwiegend positives Feedback bekommen. Ich denke, allen Beteiligten ist klar: Wir wollen nicht den Notarzt abzuschaffen, sondern ihn bei den Einsätzen verfügbar haben, wo er wirklich dringend gebraucht wird.

Mit NIDA werden Rettungsdienst und Klinik digital vernetzt. Während sich der Patient im Rettungswagen auf dem Weg zur Notaufnahme befindet, übermitteln die Rettungskräfte bereits erste medizinische Daten an die Klinik. Dafür nutzen sie das NIDA-Pad – einen mobilen Touch-PC mit spezieller Software. So haben die Mediziner sofort Zugriff auf alle relevanten Informationen und können frühzeitig Therapiemaßnahmen einleiten.

Unser Unternehmen hat sich an der Entwicklung des NIDA-Pad beteiligt. Seit 2005 setzt unser RHÖN-KLINIKUM Campus Bad Neustadt im Rahmen des Stroke Angel-Projekts auf diese telemedizinische Anwendung, mit der wir die Versorgung von Schlaganfallpatienten maßgeblich verbessern.

» Zeit ist Leben

Um die Schlaganfall- und Herzinfarkt-Versorgung in der Region deutlich zu verbessern, hat unsere Klinik für Neurologie am RHÖN-KLINIKUM Campus Bad Neustadt zusammen mit verschiedenen Partnern schon 1998 die „Stroke- und Cardio Angel"-Initiative ins Leben gerufen. Das System schafft eine optimale Vernetzung von Rettungskräften und medizinischem Personal in der Klinik. So wird eine zeitgerechte Ein- und Zuweisung von Schlaganfall- und Herzinfarkt-Patienten sichergestellt und wichtige medizinische Werte und sogar kurze Videosequenzen an die Klinik geschickt. Die Ärzte in der Notaufnahme sind dadurch frühestmöglich informiert und können bei Ankunft des Patienten zielgerichtet die Behandlung einleiten. Dies bedingt optimierte Prozesse, wie kürzere Behandlungszeiten sowie eine höhere Patientensicherheit und Behandlungsqualität.

Das Telemonitoring ist ein noch sehr junger Teilaspekt der Telemedizin. Dabei erhalten Patienten Geräte zur Messung ihrer Vitalwerte (z. B. Gewicht, Blutdruck, Herzfrequenz). Diese Geräte übertragen die Daten außerdem direkt zum behandelnden Arzt. Zudem können sie bei lebensbedrohlichen Zuständen automatisch Alarm schlagen und Hilfe veranlassen.

Auch für die Kommunikation von Ärzten mit ihren Patienten gibt es eigene Geräte, z. B. speziell ausgestattete Mobiltelefone oder einen Personal Digital Assistant (PDA). Darüber können Ärzte Informationen und Rückmeldungen geben, z. B. Erinnerungen an anstehende Medikamenteneinnahmen und Messungen, oder Angaben zum aktuellen Status der Messwerte. Medizinische, technologische, logistische, datensicherheitstechnische und rechtliche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit Telemonitoring in der Praxis funktioniert.

Stroke Units, auf die Behandlung der Schlaganfall-Patienten spezialisierte Stationen, sind häufig in großen Krankenhäusern in städtischen Gebieten eingerichtet. Die Abdeckung ländlicher Gebiete ist hingegen nicht flächendeckend gesichert.

Die teleneurologische Betreuung von Patienten erfolgt so im Rahmen des Transit-Stroke-Netzwerks, das die Verlegung der Patienten in spezialisierte Kliniken  koordiniert. Seit November 2014 ist die Neurologische Klinik des RHÖN-KLINIKUM Campus Bad Neustadt Zentrum im TRANSIT Netzwerk zur telemedizinisch unterstützten Akutversorgung von Schlaganfallpatienten in Unterfranken. Mit der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe und anderen Organisationen pflegen wir intensive Kontakte.

Mit Teleradiologie können Bilddaten direkt zwischen medizinischen Institutionen ausgetauscht werden. Gerade bei regelmäßigen Kooperationen zwischen Kliniken und radiologischen Einrichtungen minimiert die Teleradiologie Befundungszeiten und Versandkosten. Zudem können externe Experten besser eingebunden werden.

Telestroke ist das Nachfolgemodell des » NIDA-Pad. Auch an dieser Entwicklung hat sich unser Unternehmen beteiligt. Mit Telestroke können nicht nur Vitalparameter wie Herzfrequenz oder Blutdruck, sondern auch hochaufgelöste Videosequenzen versendet werden.

„Heben Sie bitte Ihren linken Arm“, „Wie geht es Ihnen?“: Der Notarzt arbeitet den vom Programm vorgegebenen Fragenkanon ab und filmt die Reaktionen des Patienten. Dann schickt er die Aufnahme an den weiterbehandelnden Neurologen in die Klinik. Beim Eintreffen des Patienten ist der Arzt also bereits umfassend informiert und kann so schneller und gezielter behandeln.

Foto: RHK: Teledermatologie
Foto: RHK: IT-Kabel OP

Videokonsile

In unseren Einrichtungen gibt es Experten für alle medizinischen Bereiche. Dank Videokommunikation können sie ihr Fachwissen standort- und klinikübergreifend in Konferenzen oder Einzelgespräche einbringen. Die medizinische Expertise wird so vielseitig nutzbar gemacht.

Live-Schalte nach Marburg

Per Videokonsil holen sich Neurologen aus Bad Neustadt Expertenrat aus Marburg ein.

Gut zwei Stunden muss man schon einplanen für die Fahrt von Bad Neustadt nach Marburg. Um sich „mal eben“ den Rat von dermatologischen Experten am Universitätsklinikum einzuholen, sind die etwa 170 Kilometer also definitiv zu weit. Dank moderner Technik ist das seit wenigen Wochen aber auch nicht mehr von Belang. Die zwei Zauberwörter heißen „dermatologisches Videokonsil“. Dr. Hassan Soda, Leitender Arzt der Akutneurologie II/Stroke Unit in Bad Neustadt, schwärmt: „Wir können jetzt per Live-Videoübertragung Bildmaterial und Daten zur Diagnostik und Therapieplanung in Echtzeit austauschen und besprechen.“

Die Technologie füllt eine Lücke in Bad Neustadt. Zugleich zeigt sie einen entscheidenden Vorteil der RHÖN-KLINIKUM AG auf. Am Campus gibt es nämlich keine hautärztliche Abteilung, man war stets auf die Expertise von außerhalb angewiesen. Das dermatologische Videokonsil ermöglicht nun einen unmittelbaren fachlichen Austausch mit den Dermatologen des Universitätsklinikums Marburg. Statt den Patienten bei einem externen Hautarzt vorzustellen, können Dr. Hassan Soda und seine Kollegen nun auf die dermatologische Expertise aus Marburg zugreifen, schnell vor Ort handeln und passende Maßnahmen einleiten. 

Wir verbessern die Versorgungsqualität bei Patienten mit dermatologischen Nebendiagnosen an unserem Campus.

Dr. Hassan Soda, Chefarzt der Klinik für Akutneurologie / Stroke Unit und neurologische Intensivmedizin

Mit den Experten in Marburg sind dazu feste Sprechzeiten für das Videokonsil vereinbart. Wenn es so weit ist, begeben sich die Bad Neustädter Kollegen mit dem mobilen Visitewagen direkt ans Patientenbett. Mit Hilfe des sogenannten Teledermatoskops werden dann betroffene Hautregionen stark vergrößert angezeigt und live nach Marburg übertragen. Dr. Hassan Soda: „So können wir Beschwerden gemeinsam besprechen und die weitere Therapie abstimmen.“